Hab mal wieder ein altes Gedicht ausgegraben und upgedatet (für einen politischen Poetry Slam im Sommer).

Dein Gesicht seh' ich nicht.
Nur blaue Flecken.
Du hast sie selbst verschuldet,
Jetzt musst du sie verstecken.

Ja, nur du treibst mich dazu,
In meinem Zorn bleibt nichts tabu,
Denn deinen Ton heiß ich nicht gut.

Ich liebe dich.

Ich will keine Widerworte hören.
Sie zwingen mich, dich zu zerstören.
Deine Schönheit ist gefährlich,
Ich bitte dich, sei einfach ehrlich!
Ich glaube, dass du lügst,
Wenn du zu deinen Freunden gehst,
Ich glaube, dass du mich betrügst,
Und will, dass du gestehst.

Dein gepflasterter Körper
Zeigt mein Gesicht.
Ich liebe dich.
Anders weiß ich es nicht.
Deren Gesichter sieht mensch nicht.
Nur Pixel.
Schwarz auf Weiß.
Menschliche Schnipsel.

Sie sind unendlich weit weg,
Leben in Armut und Dreck,
Scheiß drauf, wenn einer verreckt.

Ich denke nicht an sie.

Was soll es mich kümmern:
Häuser in Trümmern,
Verstümmelte Leichen,
Städte, die Mondkratern gleichen.
Schmerzhafte Bilder
Zwischen Tatort und Wetter.
Doch sterbende Kinder
Sind ihre eigenen Retter.

Der leuchtende Bildschirm
Schirmt ab mein Gesicht.
Ich denke nicht an sie.
Anders weiß ich es nicht.
Von Gesichtern seh’ ich nichts.
Nur leblose Kulissen.
Städte und Landschaft,
Von mir zerrissen.

Alles muss dem Fortschritt weichen,
Notfalls über Leichen,
Um die Zukunft zu erreichen.

Ich weiß ich bin nötig.

Im Kampf ums Überleben,
Muss ich meinen Teil geben.
Fresse mich durch das Land,
Denn in mir ist das Feuer entbrannt.
Der Mensch braucht Wärme,
Die Menschheit Energie.
Im ewigen Kampf mit der Erde
Heißt es wir oder sie.

Der lodernde Fortschritt.
Brennt in meinem Gesicht.
Ich weiß, ich bin nötig.
Anders weiß ich es nicht
Eure Gesichter seh‘n wir nicht,
Nur die Kapuzen.
Wir erkennen niemanden,
Ihr könnt uns nicht versuchen.

Weil Staatsgewalt nicht weicht,
Sie nicht zur Gnade neigt,
Gerechtigkeit erreicht.

Ich glaube dran.

Kein ew'ges Reden, keine Kompromisse.
Nein, Köpfe sollen rollen, fallen müssen Schüsse!
Weil das, was wir tun, richtig ist,
Stabilität so wichtig ist.
Wo keine Lösung euch erscheint,
Haben wir sie längst entdeckt:
Gewalt als Antwort auf Gewalt,
Bis dass der letzte  Mensch verreckt.

Die Uniform des Amtes
Verbirgt mein Gesicht.
Ich glaube dran.
Anders weiß ich es nicht.
Diese Gesichter sehen wir nicht.
Nur Hunger.
Sie wollen leben,
Und schlucken alles runter.

Wir versprechen ihnen ihr Leben,
Wenn sie es uns dafür geben,
Wenn sie für uns nach Gewinn streben.

Ich verdiene das.

Wer essen will muss Mehrwert bieten,
Wer atmen will, muss es verdienen.
Indem er mir zu Diensten ist,
Indem er meine Stiefel küsst.
Doch niemand wird gezwungen!
Es steht ihnen völlig frei:
Sie dürfen auch verhungern,
Und frei und stolz sein dabei.

Diese natürliche Ordnung,
Gibt mir mein Gesicht.
Ich verdiene das.
Anders weiß ich es nicht.
Diese Gesichter sehen wir täglich.
Gesichter der Gewalt.
Sie sind unendlich hässlich
In jeder Gestalt.

Wir fühlen uns machtlos,
Ungesehen und sprachlos,
Vor der Gewalt so namlos.

Wir ertragen es kaum.

Jeder trägt ein ums andere Mal,
Eins der Gesichter ohne Zahl:
Die Gewaltigen, gesehen;
Die Vergewaltigten, geschehen.
Jeder ist Opfer,
Jede ist Täter,
Mal hält sie den Kopf her,
Andere verrät er.

Dieser Zwiespalt
Zeigt unser Gesicht.
Wir ertragen es kaum.
Doch weiter so geht es nicht.